Wann haftet der Staat?

Staatshaftungsrecht – erklärt anhand aktueller Beispiele

Welche Ansprüche haben Eltern gegen den Staat, wenn ein beantragter Platz für die Tagesbetreuung des Kindes nicht rechtzeitig zur Verfügung gestellt wird? Und kann ein Fluggast Schadensersatz verlangen, wenn der gebuchte Flug aufgrund einer überlangen Wartezeit an der Sicherheitskontrolle verpasst wurde?

VON ALESSA HUTH-FORSTING

Nicht nur eine Privatperson kann einen Schaden verursachen, sondern auch das Handeln eines Amtsträgers bzw. Beamten. In diesen Fällen kommt zwar grundsätzlich kein zivilrechtliches Vorgehen in Betracht, jedoch können Schadensersatzansprüche häufig auch gegen den Staat erfolgversprechend durchgesetzt werden.

Amtshaftungsanspruch

Der Amtshaftungsanspruch ergibt sich aus § 839 BGB in Verbindung mit Art. 34 Abs. 1 GG.

Dieser Anspruch entsteht grundsätzlich dann, wenn ein Amtsträger eine Amtspflicht vorsätzlich oder fahrlässig verletzt und dadurch dem Bürger einen Schaden zufügt. Der Staat haftet in diesem Fall anstelle seines Amtsträgers und ist verpflichtet, den entstandenen Schaden zu ersetzen.

Nicht sichergestellte Tagesbetreuung von Kindern

Wird der beantragte Platz für die Tagesbetreuung von Kindern nicht zur Verfügung gestellt, so stehen die Eltern vor einer großen Herausforderung, da ein nicht zu unterschätzender Dienstausfallschaden droht.

Entscheidend ist, dass die Rechtsprechung zu Gunsten der betroffenen Eltern bereits festgestellt hat, dass grundsätzlich ein rechtlicher Anspruch auf einen Betreuungsplatz besteht.

Wird dieser nicht zum beantragten Zeitpunkt zur Verfügung gestellt, sollte möglichst umgehend gerichtlich hiergegen vorgegangen werden. Es kommt auf ein schnelles Handeln an, da ein Amtshaftungsanspruch anderenfalls bereits ausgeschlossen sein könnte. Dieser setzt nämlich voraus, dass der Geschädigte versucht hat, den Schaden zu verhindern. Dies ist der Fall, wenn ein Widerspruch oder eine Klage erhoben worden sind. In Betracht kommt vor allem auch ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung, der durch den beauftragten Rechtsanwalt bzw. die Rechtsanwältin bei Gericht gestellt wird.

Wurde der Betreuungsplatz gerichtlich eingefordert und blieb dieses Vorgehen dennoch erfolglos, so kommt hierdurch ein Amtshaftungsanspruch im Hinblick auf einen entstandenen Dienstausfallschaden in Betracht.

Der verpasste Flug

Auch wenn ein Fluggast seinen gebuchten Flug aus dem Grunde verpasst, dass eine überlange Wartezeit an der Sicherheitskontrolle des Flughafens bestand, kommt ein Entschädigungsanspruch in Betracht, wenn beispielsweise zu wenig Personal für die Sicherheitskontrolle eingesetzt worden ist.

Sollte dies allerdings nicht bewiesen werden können, so kommt es dann für die erfolgreiche Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs auf die Frage an, ob sich der bzw. die Reisende rechtzeitig beim Check-In eingefunden und von dort aus möglichst umgehend zur Sicherheitsabfertigung begeben hat. Entscheidend ist, ob die Empfehlungen des Flughafens zum rechtzeitigen Erscheinen eingehalten worden sind. Die Ansprüche richten sich dann mit großer Erfolgsaussicht direkt gegen die Bundesrepublik Deutschland.

Weitere Beispiele

Sollte es in einem Schwimmbad zu einem tödlichen Badeunfall kommen, so hat die Gemeinde in der Regel die Pflicht verletzt, durch eine effektive Aufsicht die Sicherheit des Badegastes festzustellen.

Ein Amtshaftungsanspruch kommt auch im Verhältnis von Lehrern zu ihren Schülern in Betracht. So sind Lehrer grundsätzlich dazu verpflichtet, im Sportunterricht erste Hilfe zu leisten.

Im Hinblick auf die derzeitige Lage wird zudem aktuell die Rechtsfrage diskutiert, ob der Staat auch in dem Fall haftet, falls in Deutschland im Winter ein solcher Gasmangel entstehen sollte, dass Unternehmen und Verbraucher nicht mehr beliefert werden können. Auch diesbezüglich kommen staatshaftungsrechtliche Ansprüche grundsätzlich in Betracht: Dadurch, dass politische Entscheidungen zu einer Abhängigkeit von Erdgasimporten geführt haben, ist gerade eine Amtspflichtverletzung nicht mehr ausgeschlossen.

Alessa Huth-Forsting
Rechtsanwältin

Die Autorin dieses Beitrags, Frau Rechtsanwältin Alessa Huth-Forsting, ist bei der Kanzlei Hillmann & Partner mbB in Oldenburg schwerpunktmäßig im Verwaltungsrecht, Baurecht und Reiserecht tätig. Kontakt: Tel.: 0441 / 36 13 33 61; Internet: www.hillmann-partner.de; E-Mail: huth-forsting@hillmann-partner.de