Verdichtetes Bauen in Oldenburg

Nachbarschaftsrechte im Öffentlichen Baurecht

Seit Jahren steigt die Bevölkerungsanzahl in der Stadt Oldenburg kontinuierlich an. Vorhandener Wohnraum reicht jedoch bei Weitem nicht aus, um den Zuwachs aufzufangen.

Das Wachstum ist nach wie vor ungebrochen: Eine aktuelle Bevölkerungsprognose ergibt, dass im Jahr 2027 ein neuer Höchststand mit über 174.000 Einwohnern erwartet wird. Der massive Bevölkerungsanstieg war vor ca. 15 Jahren allerdings noch nicht absehbar, sodass in vielen Großstädten, wie auch in Oldenburg, der Zurückbau zahlreicher Wohnblöcke erfolgte. Aktuell reicht der Wohnraum daher nicht aus, um der gestiegenen Nachfrage gerecht zu werden.

Nachverdichtung („Bauen in zweiter Reihe“)

Um weiteren Wohnraum zu schaffen, wird daher in bereits vorhandene Siedlungsstrukturen eingegriffen. Während in den 50er Jahren noch nahezu ausschließlich Einfamilienhäuser auf großen Grundstücken entstanden, so werden diese in den letzten „nachverdichtet“. Insbesondere auch die hohen Grundstückspreise führen seit Jahren zu einer Nachverdichtung, indem größere Grundstücke, die ein Haus am Straßenrand und einen anschließenden Garten aufweisen, geteilt werden, um in zweiter Baureihe ein weiteres Haus zu errichten.

Die Vorteile der Nachverdichtung liegen insbesondere darin, dass die komplette Infrastruktur in der Regel vorhanden ist, die Zersiedlung der Landschaft verhindert wird und die Innenstädte belebt werden. Baulücken und Hinterlandbebauung bieten daher praktisch betrachtet optimale Möglichkeiten zur Schaffung neuen Wohnraumes.

Nachbarschaftsrechte

Tatsächlich und auch rechtlich betrachtet bestehen allerdings zahlreiche Probleme, die bereits im Rahmen der Bauplanung Beachtung finden müssen:

Insbesondere die Bebauung von Hinterhöfen sowie Gärten stößt grundsätzlich auf Ablehnung der bisherigen Anwohner, da diese sich durch die zunehmende Enge bedrängt fühlen und höheren Lärm durch vermehrtes Verkehrsaufkommen sowie auch soziale Konflikte durch vermehrtes Bevölkerungsaufkommen befürchten.

Als betroffener Nachbar kann man gegen die Baugenehmigung für eine geplante Bebauung grundsätzlich nur dann mit Erfolg vorgehen, insofern eine Verletzung der eigenen Rechte gegeben ist. Hierzu zählt zum Beispiel gerade nicht die Festsetzung der Geschossflächenzahl an sich, jedoch die Gesamthöhe des Gebäudes. Festzuhalten ist, dass nicht jeder Verstoß gegen baurechtliche Normen zur Abwehr berechtigt.

Einhaltung der gebotenen Rücksichtnahme

Beim Bauen in „zweiter Reihe“ gilt es somit, nachbarliche Interessen ausführlich zu überprüfen, zu berücksichtigen und frühzeitig Maßnahmen zu ergreifen.

Es besteht beispielsweise die Gefahr, dass die bisherigen Anwohner unzumutbaren Lärmimmissionen ausgesetzt werden. Dies wäre zum Beispiel der Fall, wenn ein Studentenwohnheim mit zahlreichen Appartements und Stellplätzen auf einem Grundstück errichtet werden soll, welches bisher unbebaut war, und hierdurch unzumutbare Lärmbeeinträchtigungen entstehen.

Die nach der Niedersächsischen Landesbauordnung nachzuweisenden Stellplätze könnten für solch ein Neubauhaben allerdings auch durch Tiefgaragenplätze erreicht werden, sodass in dem obigen Fall abgewogen werden müsste, ob die Errichtung zahlreicher Stellplätze für sämtliche Studenten im Freien überhaupt notwendig und im Hinblick auf die alteingesessenen Anwohner zumutbar ist.

Das rechtliche Gebot zur „Rücksichtnahme“ kann aber auch dann überschritten werden, wenn baurechtliche Abstandsflächen nicht eingehalten werden, das neue Gebäude die Rahmen der vorhandenen Bebauung überschreitet oder aber eine „erdrückende“ Wirkung für das Nachbargebäude aufweist.

Wichtig ist, dass der Nachbar das Recht hat, die Bauunterlagen bei der Baubehörde einzusehen.

Befürchtet er die Verletzung seiner Rechte durch die Baugenehmigung, ist ein Widerspruch gegen die Baugenehmigung zu erheben. Bevor es hierzu kommt, sollte allerdings eine anwaltliche Beratung stattfinden, da bereits die Erhebung des Widerspruchs Kosten nach sich ziehen kann.

Alessa Huth-Forsting
Rechtsanwältin