Unfallflucht – was bedeutet das rechtlich

Es klingelt das Telefon oder die Türklingel. Die Polizei ist dran/da und fragt: „Waren Sie heute um 13.42 Uhr mit den Pkw Golf, Kennzeichen OL-XY *** auf der A 28 zwischen Wechloy und Neuenkruge unterwegs?“ Sie antworten. „Ja, wieso, was ist denn passiert?“ Antwort der Polizeibeamten: „Dann muss ich Sie belehren, dass Sie als Beschuldigter das Recht haben zu schweigen oder einen Anwalt hinzuzuziehen. Sie werden beschuldigt, Unfallflucht begangen zu haben. Sie sollen einen anderen Pkw beim Spurwechsel so bedrängt haben, dass der in die Leitplanke fuhr und Totalschaden erlitt. Wir sind beauftragt, Ihren Führerschein zu beschlagnahmen.“

Was war da falsch gelaufen? Das Wort „Ja,…“ war der Fehler!!! Niemals Fragen von Polizeibeamten beantworten, ohne zuvor zu fragen: „Wieso, worum geht es denn?“ Und dann: „Dann mache ich von meinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch und werde einen Anwalt zu Rate ziehen.“

Der Anwalt nimmt dann erst einmal Akteneinsicht und dann kann weiter geplant werden. Denn in den meisten Fällen muss erst einmal die Frage der Identifizierung des Täters geklärt werden. Dann geht es um viele weitere Fragen: Hat der Fahrer den Anstoß wirklich bemerkt? Konnte er den überhaupt bemerken (dazu ist zwingend immer ein Sachverständigengutachten erforderlich!)? Wie sind die Örtlichkeiten? Und wenn er ihn bemerkt hat: Hatte er Kenntnis von dem Umfang des Schadens? Konnte er den Schadensumfang in dieser Höhe zutreffend einschätzen (Sachverständigengutachten!)? Hat er lange genug gewartet? Musste er, statt einen Zettel hinter die Windschutzscheibe zu stecken, die Polizei anrufen? Oder was konnte er sonst tun? Was hat er tatsächlich getan? 

Wichtig zu wissen ist, dass es bei Unfallflucht nicht darum geht, ob man den Unfall verschuldet hat. Die bloße Beteiligung an einem Unfall reicht aus. Und der Täter muss immer vorsätzlich gehandelt haben. Bloße Fahrlässigkeit, also er hätte den Unfall bemerken können und müssen, reicht nicht aus.

Was macht man, wenn man den Unfall bemerkt hat und das in tiefer Nacht passiert ist, weit und breit ist niemand zu erreichen? Einen Zettel hinter die Scheibe stecken ist oft die schlechteste Lösung, wenn der Zettel wegfliegen oder böswillig entfernt werden sollte. Allerdings braucht man sich auch nicht bei der Polizei selbst anzuzeigen, z.B. wegen eines Bußgeldtatbestandes (Unfallverursachung) oder gar wegen Alkoholbeeinflussung. Wenn man nicht mehr warten will, bis sich der Halter des beschädigten Fahrzeuges meldet und ihm die Unfallverursachung nicht anderweitig mitgeteilt werden kann, dann kann man sich bei Unfällen im sogenannten „Ruhenden Verkehr“, also mit parkenden Fahrzeugen, jedenfalls innerhalb von 24 Stunden bei dem Halter oder der Polizei melden. Dann erfolgt zwar immer noch eine Verurteilung wegen Unfallflucht, aber ohne Bestrafung (aber mit Punkten in Flensburg!). 

Versicherungsrechtlich hat eine begangene Unfallflucht zur Folge, dass der Versicherungsschutz zwar gegenüber dem Geschädigten nicht entfällt, die Versicherung aber Regress bis zu maximal 5.000,00 € nehmen kann. By the way: Wer gegenüber der Polizei bestreiten will, der Fahrer des Tatfahrzeuges gewesen zu sein, sollte nicht so dumm sein, den Schaden seiner Versicherung zu melden! Denn die Polizei wird garantiert die Schadensakte der Versicherung beschlagnahmen und nachsehen, wen der Versicherungsnehmer denn dort als Fahrer angegeben hat. Und schon schnappt die Falle zu! Den Schaden sollte man immer aus eigener Tasche bezahlen, zumal die Versicherung ja – wie gesagt – ohnehin bis zu 5.000,00 € regressieren wird. Der Schadensfreiheitsrabatt bleibt dann übrigens im Regressfall belastet. 

Die Unfallflucht wird immer mit einer unglaublichen Intensität vonseiten der Polizei, der Staatsanwaltschaft und der Gerichte verfolgt. Wer also meint, das ohne anwaltliche Hilfe zu schaffen, geht einen extrem gefährlichen Weg. Denn ab 1.500,00 € Fremdschaden erfolgt mit ziemlicher Sicherheit immer die Entziehung der Fahrerlaubnis und anschließend wird beim Antrag auf Wiedererteilung der Fahrerlaubnis seitens der Führerscheinstelle meistens die MPU angeordnet!!!