Verwaltungsrecht: Zu den Voraussetzungen der Corona-Soforthilfe und aktuellen Problemen hinsichtlich der Rückforderung
Viele Gewerbetreibende stehen in Deutschland vor der finanziellen Herausforderung, dass Corona-Soforthilfen zurückgezahlt werden sollen. Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen hat nun jedoch zugunsten der Betroffenen entschieden.
VON ALESSA HUTH-FORSTING
Mit Hilfsprogrammen von Bund und Ländern sollte ein Zusammenbruch der Wirtschaft im ersten Lockdown verhindert werden. Unternehmer bzw. Selbständige erhielten daher im Frühjahr 2020 entsprechende Beträge ausgezahlt.
Voraussetzungen der Soforthilfe
Die Soforthilfe stellt rechtlich betrachtet einen sogenannten „Zuschuss“ dar. Zuschüsse dieser Art müssen grundsätzlich nicht zurückgezahlt werden. Dies gilt allerdings nur, wenn ein „Liquiditätsengpass“ während des Förderzeitraumes vorlag, d.h., dass die Summe der Einnahmen geringer als die Summe der Ausgaben (z.B. Mietzahlungen) war.
Rückzahlungsbescheide
Damit das benötigte Geld schnell bei den Betroffenen ankommen konnte, wurde auf ein aufwendiges formelles Verfahren verzichtet, sodass die Hilfen ohne ausführliche Überprüfung ausgezahlt werden konnten.
Erst im Nachhinein wurden die Anträge einer Prüfung unterzogen und Zuwendungsempfänger mussten ihre Einnahmen und Ausgaben im Förderzeitraum angeben.
Bereits seit 2020 wurden sodann Corona-Hilfen zurückgefordert. Eine nachträgliche Überprüfung hatte nämlich ergeben, dass zahlreiche Selbständige und Kleinunternehmer keinen Liquiditätsengpass bzw. keine „finanzielle Notlage“ hatten, sodass überhaupt kein Förderanspruch vorlag.
Zur aktuellen Entscheidung des OVG NRW
Das OVG NRW hat mit Urteil vom 17.03.2022 (Az.: 4 A 1986/22) jedoch zugunsten der Betroffenen entschieden, dass die Rückforderungsbescheide aufzuheben seien.
Es hat insbesondere festgestellt, dass die Rückforderung bereits aus formellen Gründen rechtswidrig sei.
Wegen des Zeitdrucks im Rahmen der Auszahlung der Soforthilfen unterliefen Formulierungsfehler: Das später vorgenommene Rückmeldeverfahren wurde in den Bewilligungsbescheiden überhaupt nicht angekündigt. Das Gericht ist daher davon überzeugt, dass die Formulierungsfehler dazu führten, dass für die Empfänger der Bescheide unklar geblieben ist, ob mit den Corona-Hilfen ausgefallener Umsatz, generelle Zahlungsprobleme oder der Unterhalt ersetzt werden sollte.
Die missverständliche Formulierung geht somit grundsätzlich zulasten des Landes.
Das OVG NRW stellte insbesondere fest, dass die Empfänger der Hilfen darauf vertrauen konnten, die Mittel generell zur Kompensation von finanziellen Schwierigkeiten nutzen zu dürfen.
Das Gericht kam andererseits jedoch auch zu dem Schluss, dass Empfänger der Hilfen objektiv betrachtet damit rechnen konnten, nachweisen zu müssen, wofür die Soforthilfe tatsächlich verwendet worden ist. Es sei für die Empfänger erkennbar gewesen, dass die Soforthilfe zurückgezahlt werden müsste, wenn diese nicht zweckgebunden verwendet worden ist.
Insbesondere stellte das Gericht klar, dass das gezahlte Geld keine Umsatzausfälle ausgleichen, sondern wirklich nur die finanzielle Notlage eines Unternehmens bzw. eines Selbständigen abmildern sollte. Das Land Nordrhein-Westfalen darf daher neue Bescheide erlassen, mit denen die letztlich zustehende Soforthilfe konkret festgesetzt wird, sodass grundsätzlich künftig überzahlte Beträge zurückgefordert werden könnten.
Alessa Huth-Forsting
Rechtsanwältin
Die Autorin dieses Beitrags, Frau Rechtsanwältin Alessa Huth-Forsting, ist bei der Kanzlei Hillmann & Partner mbB in Oldenburg schwerpunktmäßig im Verwaltungsrecht, Baurecht und Reiserecht tätig. Kontakt: Tel.: 0441 / 36 13 33 61; Internet: www.hillmann-partner.de; E-Mail: huth-forsting@hillmann-partner.de