Der Oldenburger Verkehrsrechtsexperte Roland Hillmann forderte eine Legalisierung von Cannabis. „Wir müssen Lehren ziehen aus der gescheiterten Prohibition in den USA”, sagte der Syndikus des ADAC Weser-Ems. Wer Cannabis konsumieren wolle, lasse sich von Verboten nicht abhalten. Die Illegalität fördere Beschaffungskriminalität und belaste Polizei und Staatsanwaltschaft, ohne dass der Konsum zurückgedrängt wird.
Cannabis gilt als Einstiegsdroge. Würde eine Freigabe nicht jungen Menschen den Weg in den Drogenkonsum öffnen?
Roland Hillmann: Das sehe ich nicht so. Auch das erste Glas Bier oder die erste Zigarette sind Einstiegsdrogen, trotzdem steht der Genuss nicht unter Strafe. Wir müssen alles tun, um den Konsum von Cannabis, aber auch den legalen Drogen, zu verringern. Aber nicht auf dem Verbotsweg. Der Weg der Illegalität ist für die Gesellschaft der schlechteste.
Warum?
Wer beim Konsum von Cannabis auffällt, wird von der Polizei registriert. Die Behörden ermitteln, es gibt Akten. Und dann? Die Staatsanwaltschaft stellt die Ermittlungen meist als Bagatellfälle ein. Wirtschaftlich ist es völliger Unsinn, wie es derzeit läuft, vollkommen ineffizient.
Was wäre denn der bessere Weg, um den Konsum von Drogen einzuschränken?
Wir müssen akzeptieren, dass Verbote in die Sackgasse führen. Der Ansatzpunkt ist falsch. Was meiner Meinung nach hilft, ist Aufklärung. Die muss bei den Eltern anfangen und in der Schule intensiviert werden. Es wäre heilsam, wenn Mediziner jungen Menschen vor Augen führen, in welches Elend der Konsum führen kann.
Die Niederlande gelten nicht zuletzt wegen der liberalen Drogenpolitik als Drogenumschlagplatz in Europa. Wollen wir das in Deutschland?
Derzeit fahren gerade in unserem Grenzgebiet alle, die günstig Drogen kaufen wollen, in die Niederlande. Der Drogentourismus konzentriert sich auf dieses Land. Wenn bei uns in Deutschland der Vertrieb und Konsum von Cannabis entkriminalisiert würden, ginge die Kaufdichte in den Niederlanden zurück. Im Übrigen würden die Preise für Cannabis deutlich sinken. Denn es ist der Schwarzmarkt, der extrem hohe Preise und Gewinnspannen ermöglicht. Im Übrigen wäre die Qualität gesichert, wenn Cannabis in Apotheken nach bestimmten Qualitätsstandards angeboten und verkauft würde.
Gerade die Polizei, die viel Arbeit mit der Kontrolle hat, ist gegen eine Freigabe von Cannabis. Widerspricht das nicht Ihrer Argumentation?
Wenn wir ehrlich sind, müssen wir festhalten: Die Justiz hat beim Thema Cannabis gar nichts erreicht. Der Staat kann Cannabis kriminalisieren wie er will – er erreicht mit der Verbieterei gar nichts. Ich wiederhole mich: Wer Cannabis konsumieren will, wird es tun – legal oder illegal. Beim Alkohol ist es genauso. Wer trinken will, lässt sich davon nicht abhalten.
Aber Alkohol ist nicht Cannabis…
Das stimmt. Aber trotzdem gibt es keine überzeugende Erklärung, warum der Staat bei Alkohol und Nikotin komplett anders verfährt als bei Cannabis. Ich gebe Ihnen dazu ein Beispiel: Im Straßenverkehr muss jemand über eine MPU seine Fahrtüchtigkeit nachweisen, sobald er mit der geringsten Menge Cannabis aufgefallen ist und angibt, schon früher einen Joint geraucht zu haben. Ein alkoholisierter Autofahrer kann bis 1,009 Promille Alkohol im Blut haben und angeben, er habe schon früher am Steuer getrunken und werde es weiter tun – trotzdem bleibt es nur bei einer Geldstrafe und einem Monate Fahrverbot.