Verwaltungsrecht: Fahrerlaubnisrechtliche Maßnahmen
Mit dem Auto fahren zu können und insbesondere zu dürfen wird in der Regel als Selbstverständlichkeit erlebt. Dies ändert sich jedoch blitzartig, sobald der Führerschein einmal in „Gefahr“ gerät, da die Entziehung der Fahrerlaubnis droht.
Es gibt viele verschiedene Gründe, die dazu führen können, dass die Fahrerlaubnisbehörde an der Fahreignung zu zweifeln beginnt: Hierzu zählen u.a. Alkohol und Drogen, aber auch Krankheiten und altersbedingte Einschränkungensowie Begehung von Straftaten, nicht nur im Straßenverkehr.
Betroffene, die dann ein Schreiben der Fahrerlaubnisbehörde erhalten, in dem Zweifel an der Fahreignung geäußert werden,fragen sich: Wie soll ich mich jetzt am besten verhalten und äußern? Kann ich die Entziehung überhaupt noch verhindern, und wenn ja wie?
VON ALESSA HUTH-FORSTING
Die Fahrerlaubnisbehörde kann verschiedene führerscheinrechtliche Maßnahmen anordnen. Die Entziehung der Fahrerlaubnis ist ein besonders bedeutender Schritt im Rahmen des Verwaltungsrechts und darf nur unter bestimmten Voraussetzungen erfolgen. Sie bedeutet insbesondere für Personen, die dringend auf den Führerschein angewiesen sind, häufig eine Existenzbedrohung.
Der Weg bis zur Entziehung
Werden der Verkehrsbehörde Tatsachen bekannt, die Zweifel an der körperlichen oder geistigen Eignung des Fahrerlaubnisbewerbers begründen, so erhält die betroffene Person zunächst einmal ein behördliches „Anhörungsschreiben“. Bevor die Behörde die Entziehung anordnen darf, muss sie der betroffenen Person nämlich die Möglichkeit einräumen, sich zu den erhobenen Vorwürfen äußern und ihre Sichtweise darlegen zu können. Bereits zu diesem Zeitpunkt ist die Beratung durch einen auf Führerscheinsachen spezialisierten Anwalt bzw. eine Anwältin anzuraten, da teilweise bereits in diesem Verfahrensstadium noch verhindert werden kann, dass es überhaupt zu einer Entziehung kommt. Im Anhörungsverfahren können und müssen alle für den Betroffenen günstigen Umstände vorgetragen werden. Insbesondere sollte in diesem Stadium nicht vorschnell eine sog. „Verzichtserklärung“ unterschrieben werden, welche die Fahrerlaubnisbehörde regelmäßig direkt mit dem Anhörungsschreiben versendet. Extrem wichtig ist es dabei, die von der Behörde gesetzten Fristen streng einzuhalten, sonst droht die Entziehung der Fahrerlaubnis allein schon wegen Fristablaufs.
Die Fahrerlaubnisbehörde wertet anschließend die Erklärungen der betroffenen Person aus und entscheidet, ob sie an ihrem Vorhaben, die Fahrerlaubnis tatsächlich zu entziehen, weiter festhält oder aber hiervon Abstand nimmt. Sie ist verpflichtet, die Umstände des Einzelfalls zu prüfen. Es gibt aber auch Sachverhalte, bei deren Vorliegen die Behörde kraft Gesetzes gezwungen ist, die Fahrerlaubnis zu entziehen (z.B. bei Hartdrogenkonsum).
In bestimmen Fällen fordert die Fahrerlaubnisbehörde anschließend zur Vorlage von ärztlichen Attesten auf, z.B. wenn eine anhaltende Erkrankung und/oder eine Dauermedikation vorliegt. Sollte der Fahrerlaubnisbehörde der Inhalt eines hausärztlichen Attests dann immer noch nicht ausreichen, um ihre Zweifel an der gesundheitlichen Fahreignung endgültig auszuräumen, so ordnet sie anschließend regelmäßig die Vorlage eines fachärztlichen Gutachtens an.
In Fällen, in denen z.B. eine Alkohol- oder Drogenproblematik relevant wird bzw. bestimmte wiederholte Verkehrsverstöße vorliegen, ordnet die Behörde hingegen eine Medizinisch-Psychologische Untersuchung (sog. „MPU“) an.
Legt der Betroffene schließlich ein negatives Gutachten vor, so entzieht die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis.
Weigert sich die betroffene Person hingegen von Anfang an, das angeordnete Gutachten überhaupt fristgerecht vorzulegen, entzieht die Fahrerlaubnisbehörde grundsätzlich ebensodie Fahrerlaubnis.
Entscheidend: Der Begriff „Tatsache“
Ob eine Entziehung der Fahrerlaubnis abgewendet werden kann, hängt sehr vom Einzelfall ab und bedarf einer individuellen Überprüfung der jeweiligen Umstände.
Aus anwaltlicher Sicht besteht der erste Ansatzpunkt der juristischen Verteidigung darin, der Behörde aufzuzeigen, dass schon keine hinreichend konkreten Tatsachen im Sinne der Fahrerlaubnisverordnung (FeV) vorliegen, die überhaupt zur Anordnung einer MPU bzw. eines medizinischen Gutachtens berechtigen.
Hierzu folgendes Beispiel: Eine ADHS-Erkrankung berechtigt die Behörde grundsätzlich nicht, ein medizinisches Gutachten anzuordnen, wenn keinerlei zusätzliche fahreignungsrelevante Ausfallerscheinungen vorliegen. Denn eine Dauermedikation für sich allein, stellt pauschal noch keine ausreichende Tatsache dar, die hinreichende Fahreignungsbedenken begründet.
Medizinisch-Psychologische Untersuchung („MPU“)
Sollte sich im Rahmen der anwaltlichen Beratung hingegen herausstellen, dass die Voraussetzungen für die Anordnung einer MPU (leider) vorliegen, so wird die anwaltliche Beratung sich schwerpunktmäßig darauf beziehen, wie ein positives Gutachterergebnis erreicht werden kann. Es handelt sich hierbei um eine anwaltliche „MPU-Beratung“. Wissenswert ist hierbei insbesondere, dass es in der Regel einer äußerst langwierigen und detaillierten Vorbereitung auf die Untersuchung bedarf. Eine MPU ohne ausreichende Vorbereitung durch einen Fachpsychologen für Verkehrspsychologie heutzutage zu bestehen, ist nur ganz selten möglich und hochgradig risikobehaftet!
Wie kann man sich gegen die Entziehung juristisch wehren?
In Niedersachsen existiert kein Widerspruchsverfahren mehr. Gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis muss daher direkt in das verwaltungsgerichtliche Klageverfahren übergegangen werden. Da der Betroffene mit der Entziehung der Fahrerlaubnis grundsätzlich direkt mit Zugang des Bescheides das Recht verliert, Fahrzeuge zu führen – und sich dies auch durch ein Klageverfahren erst einmal nicht abwenden lässt – sollte unbedingt zusätzlich zum Klageverfahren ein sog. Eilverfahren eingeleitet werden. Die betroffene Person bekommt hierdurch in Kürze eine Entscheidung, die Klarheit verschafft und muss nicht erst den Ausgang des Klageverfahrens abwarten, welches regelmäßig mehrere Monate in Anspruch nimmt.
Alessa Huth-Forsting
Rechtsanwältin
Die Autorin dieses Beitrags, Frau Rechtsanwältin Alessa Huth-Forsting, ist bei der Kanzlei Hillmann & Partner mbB in Oldenburg u.a. schwerpunktmäßig im Fahrerlaubnisrecht tätig. Kontakt: Tel.: 0441 / 36 13 33 61; Internet: www.hillmann-partner.de; E-Mail: huth-forsting@hillmann-partner.de